Pferdekauf mit Herz und Verstand: Tipps für die Entscheidung

Ist nach langer und reiflicher Überlegung die Entscheidung zum Kauf eines eigenes Pferdes gefallen, stellt sich bereits die nächste große Frage: Welches Tier passt tatsächlich zu mir, meinen Bedürfnissen, meinen Fähigkeiten und meinen langfristigen Zielen? Natürlich handelt es sich hierbei um eine emotionale Entscheidung mit großer Tragweite. Ein eigenes Pferd bedeutet Partnerschaft, Verantwortung und eine Investition in Zeit, Geld und Emotionen. Doch damit die Freude von Dauer ist und nicht in Enttäuschung umschlägt, sollte der Pferdekauf nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit dem Verstand erfolgen.

Wünsche vor dem Kauf richtig einschätzen

Um sich in der schier unendlichen Flut von Annoncen oder anderen Möglichkeiten einen Überblick zu verschaffen, ist es äußerst wichtig, sich über die eigenen Wünsche und Bedürfnisse bewusst zu werden. Viele Pferdeliebhaber neigen hier dazu, sich vom äußeren Erscheinungsbild oder der romantischen Vorstellung vom Traumpferd leiten zu lassen. Doch wichtiger als die Fellfarbe oder Rasse ist eine ehrliche Selbsteinschätzung. Welche reiterlichen Fähigkeiten habe ich? Wie viel Zeit kann ich täglich oder wöchentlich investieren? Und welche Ziele verfolge ich mit dem Pferd – Freizeit, Turnier, Zucht oder Ausbildung?

Eine ehrliche Selbsteinschätzung hilft dabei, die Suche einzugrenzen. Wer zum Beispiel nur wenig Erfahrung im Umgang mit Pferden hat, sollte sich nicht für ein junges, unausgebildetes Vollblut entscheiden, sondern eher nach einem ruhigen, verlässlichen Freizeitpartner Ausschau halten. Andererseits wird ein sportlich orientierter Springreiter auf Dauer wohl kaum mit einem gemütlicheren Kaltblut glücklich werden. Jedoch spielt auch das Umfeld eine Rolle: Gibt es kompetente Unterstützung am Stall? Ist professionelle Hilfe bei Ausbildung oder Beritt geplant?

Pferdekauf – aber woher?

Hat man nun wesentliche Punkte wie Alter, Rasse, Ausbildungsstand, Charaktereigenschaften und Budget für den Pferdekauf geklärt, kann man sich darum kümmern, woher man das Pferd überhaupt kaufen möchte. Hierbei gibt es verschiedene Optionen, die jeweils ganz eigene Vor- und Nachteile mit sich bringen.

  • Züchter: Eine häufig genutzte Möglichkeit ist der Kauf direkt vom Züchter. Hier erhält man meist gut dokumentierte Informationen über Herkunft, Aufzucht und Ausbildungsstand des Pferdes, vor allem wenn es sich um ein Fohlen oder Jungpferd handelt. Züchter legen in der Regel großen Wert auf die Entwicklung ihrer Tiere, was eine solide Basis schaffen kann, wenn man etwa selbst Wert auf die Abstammung legt.
  • Privatverkauf: Eine andere Option ist der Privatverkauf – etwa von Reitern, die ihr Pferd aus Zeitgründen oder wegen veränderter Lebensumstände abgeben. Hier lassen sich oft gut gerittene Pferde mit klar erkennbarem Charakter finden. Allerdings ist es wichtig, ehrlich über mögliche gesundheitliche oder verhaltensbezogene Probleme zu sprechen.
  • Pferdehändler: Auch Pferdehändler oder Verkaufsställe bieten eine große Auswahl an Pferden mit unterschiedlichem Ausbildungsstand an. Während hier die Auswahl oft größer ist und Probereiten unkompliziert möglich ist, sollte man besonders genau hinsehen, denn nicht alle Händler arbeiten transparent.
  • Online-Plattformen: Zudem gibt es zahlreiche Online-Plattformen die den Pferdekauf ermöglichen, jedoch ist hier besondere Vorsicht geboten: Eine persönliche Besichtigung und tierärztliche Untersuchung sind in jedem Fall unerlässlich, um keine bösen Überraschungen zu erleben.

Zudem schadet es nicht, sich gegebenenfalls eine erfahrene und kompetente Beratung einzuholen. Diese Person kann nicht nur beim Probereiten objektiv beobachten, sondern auch helfen, das Pferd auf gesundheitliche und charakterliche Merkmale zu prüfen. Ein häufiger Fehler ist, sich zu sehr auf die Aussagen des Verkäufers zu verlassen. Dieser hat verständlicherweise meist ein Interesse daran, sein Pferd möglichst gut zu präsentieren. Eine unabhängige Zweitmeinung schützt vor Fehleinschätzungen und bösen Überraschungen.

Probereiten: Mehr als nur ein Test

Das Probereiten ist ein zentraler Bestandteil des Pferdekaufs. Dabei geht es nicht nur darum, ob das Pferd „funktioniert“, sondern vor allem um das Gefühl der Harmonie zwischen Reiter und Pferd. Wie reagiert das Tier auf Hilfen? Wirkt es nervös oder entspannt? Hat man das Gefühl von Vertrauen und Verständigung – sozusagen stimmt die Chemie?

Idealerweise erfolgt das Probereiten mehrmals, am besten auch auf fremdem Gelände, um die Reaktion des Pferdes in verschiedenen Situationen zu erleben. Auch der Umgang vom Boden sollte geprüft werden: Lässt sich das Pferd problemlos führen, putzen und verladen?

Der Gesundheitscheck vor dem Pferdekauf

Zudem sollte kein Pferdekauf ohne tierärztliche Ankaufsuntersuchung erfolgen! Dieser Gesundheitscheck gibt Auskunft über den aktuellen Zustand des Pferdes und potenzielle Risiken. Neben einer allgemeinen Untersuchung (Zähne, Herz, Atmung, Bewegungsapparat) gehört auch eine Lahmheitskontrolle und meist eine Röntgenuntersuchung dazu.

Auch wenn diese Untersuchung Kosten verursacht – sie ist eine wichtige Investition in die Zukunft. Ein Pferd mit gesundheitlichen Problemen kann hohe Tierarztkosten verursachen und unter Umständen gar nicht wie gewünscht eingesetzt werden.

Vertragliche Absicherung beim Pferdekauf

Ein detaillierter Kaufvertrag schützt beide Parteien. Darin sollten unter anderem die Identität des Pferdes, der Preis, der Gesundheitszustand, bekannte Mängel, der Übergabetermin und eventuelle Rückgaberegelungen schriftlich festgehalten werden. Ein schriftlicher Vertrag bietet Rechtssicherheit und kann bei späteren Streitigkeiten von großer Bedeutung sein.

Herz und Verstand in Balance

Ein Pferd ist kein Sportgerät, sondern ein Lebewesen mit Charakter, Bedürfnissen und Eigenheiten. Wer sich nur vom Bauchgefühl leiten lässt, läuft Gefahr, überfordert oder enttäuscht zu werden. In diesem Fall gewinnt weder Mensch noch Tier. Umgekehrt kann allzu viel Rationalität dazu führen, dass die emotionale Verbindung fehlt.

Die beste Entscheidung entsteht aus der Balance: Der Kopf prüft Fakten, der Bauch sagt „ja“. Wenn beide zustimmen, stehen die Chancen gut, dass man einen vierbeinigen Partner fürs Leben gefunden hat.

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