Pferde sind wie Menschen auch Gewohnheitstiere. Die Vierbeiner mögen ihre vertraute Umgebung und einen routinierten Tagesablauf und wären wohl auch damit zufrieden, ihr Leben lang im selben Stall zu stehen. Jedoch lässt sich das nicht immer mit den Lebensumständen ihrer Menschen vereinbaren. Ein Stallwechsel ist für viele Pferdehalter:innen daher ein notwendiger Schritt, wenn sich die Lebenssituation ändert oder auch im Stall Gründe für einen Umzug auftreten. Doch während wir als Menschen uns meist gut auf Veränderungen vorbereiten können, bedeutet ein Stallwechsel für Pferde zunächst einmal: Stress. Umso wichtiger ist es deshalb, diesen Übergang so sanft und pferdefreundlich wie möglich zu gestalten.
Der Stallwechsel aus Sicht des Pferdes
Ein Pferd begreift nicht, dass ein neuer Stall bessere Bedingungen schaffen soll oder schlicht und einfach manchmal notwendig ist. Für das Tier zählt vor allem das, was es kennt: seine Herde, seine Box oder seinen Lieblingsplatz auf der Weide, die Fütterungszeiten, den Tagesrhythmus – all das vermittelt Sicherheit. Verlässt es dieses gewohnte Umfeld, reagiert es häufig mit Stresssymptomen, die sich in ganz unterschiedlichen Verhaltensweisen, wie Unruhe oder Nervosität, äußern können. Solche Reaktionen sind nicht ungewöhnlich. Sie zeigen, wie stark Pferde in ihren sozialen und räumlichen Strukturen verankert sind. Doch mit guter Vorbereitung und Einfühlungsvermögen lassen sich viele Schwierigkeiten angenehmer gestalten.
Vorbereitung für den Umzug
Ein Stallwechsel sollte möglichst nicht überstürzt und hektisch erfolgen. Selbst wenn es zeitlich dringend ist, lohnt es sich, den Ablauf gut zu planen.
Wichtige Vorbereitungen im Überblick:
- Besichtigung vorab: Es empfiehlt sich, einen potenziellen neuen Stall sorgfältig zu besichtigen und auf Passung zu den eigenen Bedürfnissen zu prüfen.
- Futterplan: Futterumstellungen am besten schrittweise schon vor dem Wechsel einleiten, um Verdauungsproblemen vorzubeugen.
- Transport: Lieber eine längere, aber ruhige Fahrt mit Pausen einplanen als Stress durch Eile und Hektik. Außerdem sollte das Verladen wenn möglich vorher geübt werden und stressfrei gestaltet werden.
- Vertrautes: Lieblingshalfter, Heunetz, Spielzeug oder Streuarten können helfen, die neue Umgebung vertrauter wirken zu lassen.
- Begleitperson: Eine ruhige Bezugsperson sollte beim Umzug selbst unbedingt dabei sein – das vermittelt Sicherheit.
Die ersten Tage nach dem Stallwechsel
Angekommen im neuen Zuhause, beginnt die erste Eingewöhnungsphase. In den ersten Tagen ist es besonders wichtig, Stress so gut wie möglich zu vermeiden und dem Pferd Zeit zu geben, alles in Ruhe zu erkunden. Routine, Ruhe und Geduld sind jetzt entscheidend.
Was hier hilft:
- Feste Tagesabläufe: Möglichst feste Fütterungs- und Ruhezeiten bieten Orientierung.
- Sozialkontakte ermöglichen: Das Pferd sollte langsam und vorsichtig, aber sehr zeitnah in die neue Herde herangeführt werden.
- Vertrauen durch Nähe: Spaziergänge, Putzen oder einfach „Dasein“ stärken die Bindung und vermitteln dem Pferd ein Gefühl von Sicherheit.
- Professionelle Begleitung nutzen: Eine ruhige Eingewöhnung wird oft durch den Austausch mit Stallbetreiber:innen oder erfahrenen Pferdemenschen erleichtert.
Integration in eine neue Herde
Gerade dieser Teil des Stallwechsels erfordert viel Fingerspitzengefühl. Pferde haben in ihrer Natur eine feste soziale Rangordnung. Jede Veränderung in der Herdenstruktur bedeutet eine Umstellung für alle Tiere. Dabei kann es zu Auseinandersetzungen kommen, die im Idealfall moderat verlaufen.
Tipps für die Herdeneingliederung:
- Erst über einen Zaun hinweg „beschnuppern“ lassen
- Einzelne Pferde gezielt zusammenführen, bevor die gesamte Gruppe folgt
- Genügend Raum, Rückzugsmöglichkeiten und Ausweichplätze auf der Koppel schaffen
- Genügend Zeit für die Integration einplanen, denn oft braucht es Tage oder sogar Wochen, bis die Gruppe wirklich stabil ist

Ein Stallwechsel ist für ein Pferd mehr als einfach ein neuer Standort – es ist ein tiefer Einschnitt in sein gewohntes Leben. Doch mit Vorbereitung, Aufmerksamkeit und einer ruhigen Begleitung kann der Übergang so gestaltet werden, dass sich das Tier schnell wieder wohl und sicher fühlt. Und wenn der neue Stall passt wird aus dem Umzug schon bald ein echter Neustart mit vielen positiven Seiten.
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